
"Daten sind nicht nur Zahlen – es ist deine Geschichte!“
Warum sind Daten wichtig?
Daten stehen im Zentrum des algorithmischen Managements: Sie regeln, wie Aufträge vergeben werden, wie Arbeitskräfte bewertet und bezahlt werden und ob du auf der Plattform bleiben darfst. Dennoch bleibt Arbeiter*innen der Zugang zu diesen Daten und ihre Auswertung weitgehend verwehrt – von Kontrolle ganz zu schweigen. Diese Datenasymmetrie ist eine wesentliche Quelle des Machtungleichgewichts.
Verwandle Daten in Taten!
1. Entschlüsseln: Wir helfen dir, die Dateien lesbar zu machen und die wichtigsten Kennzahlen rauszufischen.
2. Korrigieren: Entdeckst du Fehler, fordere Nachzahlungen oder die Löschung falscher Flags.
3. Gemeinsam nutzen: Teile anonymisierte Datensätze mit anderen Ridern oder deiner Gewerkschaft, um Kampagnen für faire Bezahlung & Algorithmus-Transparenz zu pushen.
4. Regeln mitgestalten: Rider-Daten haben bereits in Spanien, Italien und Belgien Gerichte & Politik zu strengeren Schutzregeln bewegt – deine Infos können der nächste Game-Changer sein.
Was kann man aus den Dateien lernen?
- Geld vs. Strecke: Leg die von der App gemessenen Kilometer neben die Auszahlung – Unterzählungen springen sofort ins Auge.
- Geheime Scores: Manche Datenexporte zeigen interne „Quality-“ oder „Fraud-Scores“, die erklären, warum plötzlich weniger Aufträge bei dir landen.
- Strafen zur Rush-Hour: Die Zeitachse verrät, ob eine abgelehnte Mini-Tour wirklich deine Auftragsschlange für die nächste Stunde killt.
- Algorithmus-Switches: Mit den CSV-Logs siehst du exakt, an welchem Tag ein neues Bezahlmodell startete – und wie es dein Einnahmemuster verändert hat.
Warum eine Datenanfrage stellen?
- Schau, was die Firma sieht: Mit einem GDPR-Auskunftsantrag zwingst du die Plattform, alle Daten über dich rauszurücken.
- Fehler aufspüren: Rider haben schon fehlende Kilometer, falsch getaggte Verspätungen oder doppelte „zu-spät“-Flags entdeckt.
- Unfaire Behandlung anfechten: Harte Zahlen schlagen Vermutungen – vor Gericht, in den Medien oder bei Verhandlungen.
- Gemeinsam stärker: Wenn viele Rider ihre Datensätze teilen, tauchen Muster auf, die keiner allein bemerken würde.
Wie nutzen Algorithmen Daten?
1. Match-Making: Die App vergleicht live deinen Standort, deine Bewertungen, Annahmequote und geheime „Quality Scores“ – so entscheidet der Algorithmus, wer den nächsten Auftrag bekommt.
2. Preisberechnung: Kilometer, Rush-Aufschläge oder Batch-Boni hängen direkt an deinem GPS-Track und den Zeitstempeln jeder Fahrt.
3. Überwachung & Strafen: Zu spät liefern, oft ablehnen oder lange Pausen? Schon gibt’s weniger Aufträge – oder gleich eine Sperre, meist ganz ohne menschliche Prüfung.
4. Algorithmus-Experimente: Die Plattform testet heimlich neue Bezahlmodelle an verschiedenen Fahrergruppen (A/B-Tests). Deine Daten liefern die Ergebnisse – ohne dass du vorher gefragt wirst.
Wie sammeln die Plattformen sie?
Apps laufen unauffällig im Hintergrund und sammeln Informationen von:
- Sensoren (GPS, Beschleunigungsmesser, Akku)
- App-Ereignissen (Annehmen/Ablehnen, Chat-Nachrichten, Foto-Uploads)
- Telefoneinstellungen (Geräte-ID, Details des Betriebssystems)
- Zahlungskanälen (Trinkgelder, Boni, Transaktions-IDs)
Das meiste davon wird automatisch abgerufen, sobald du die App öffnest; der Rest kommt von Partnern wie Kartenanbietern oder Zahlungsabwicklern.
Was sind deine Daten?
Jeder GPS-Ping, jeder Button-Klick, jede Bewertung und sogar die Sekunden, die du vorm Restaurant wartest, hinterlassen digitale Spuren. Aus diesen Spuren entsteht dein Datenprofil: Es zeigt, wo du fährst, wie schnell du bist, wie viele Lieferungen du erledigst, wie dich Kund*innen bewerten – und auch, wie oft du miese Aufträge ablehnst. Kurz gesagt: Alles, was die App mitbekommt, wird zu Daten.
Unterm Strich:
Das Anfordern deiner Daten ist der erste Schritt, um die Verwaltung durch den Algorithmus zu durchbrechen und mit ihm zu verhandeln. Wenn du deine Daten einsehen kannst, haben du die Möglichkeit, Fehler aufzudecken, eine ungerechte Behandlung nachzuweisen und kollektiv zu verhandeln.
Gesetzliche Rechte und praktische Tools:
Die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gewährt Plattformbeschäftigten ein Bündel einklagbarer Rechte. Unten findest du, was jedes Recht abdeckt, wann du es nutzen solltest und wie du reagieren kannst, wenn eine Plattform auf Zeit spielt.
1. Auskunftsrecht (Subject-Access Request, SAR) — Artikel 15
Umfang:
Alles, was das Unternehmen als „personenbezogene Daten“ speichert: GPS-Spuren, Bewertungen, Chat-Protokolle, interne Flags, sogar Supervisor-Notizen.
Format:
Sie können mit PDFs, CSV, JSON oder Screenshots antworten.
Wann einsetzen:
• Du vermutest versteckte Kennzahlen (Qualitätsscores, Betrugsflags).
• Du brauchst Beweise für rechtliche Schritte oder es kann den Kollektivverhandlungen helfen.
Typische Plattform-Taktiken:
• „Zu weit gefasst“-Einwand. Die DSGVO verpflichtet sie trotzdem, alle Kategorien zu beschreiben, die sie verarbeiten.
• Verzögerung durch Identitätsprüfung. Sende sofort einen Profil-Screenshot oder deine Rider-ID, um die Frist zu stoppen.
Durchsetzungstipp:
Nach 30 Tagen eine Erinnerung mit Verweis auf Art. 12 Abs. 3 schicken. Immer noch nichts? Beschwerde bei deiner nationalen Datenschutzbehörde (DSB) einreichen; hänge deine ursprüngliche E-Mail und die Erinnerung an.
2. Datenübertragbarkeitsanfrage — Artikel 20
Umfang:
Daten, die du bereitgestellt hast, oder Daten, die durch deine Aktivität erzeugt und auf Basis von Vertrag oder Einwilligung verarbeitet werden (z. B. Routenlogs, Bestell-Zeitstempel).
Format:
Muss „strukturiert, gängig, maschinenlesbar“ sein — meist CSV oder JSON.
Wann einsetzen:
• Du willst Kennzahlen (km vs. €) berechnen oder Routen kartieren.
• Du planst, Daten mit anderen Rider*innen für eine kollektive Analyse zu bündeln.
Achtung:
Unternehmen schließen manchmal abgeleitete Scores aus, weil sie angeblich nicht vom Nutzer „bereitgestellt“ wurden. Kombiniere mit einem SAR, um diese Felder zu erfassen.
3. Kombiniertes SAR + Portabilität
Warum es am besten ist:
Zwingt die Plattform, alle Daten herauszugeben und die Schlüsseltabellen sauber als CSV zu liefern. Spart Zeit gegenüber getrennten Schreiben.
4. Weitere DSGVO-Werkzeuge, die du kennen solltest
• Berichtigung – Artikel 16: Falsche Kilometer, falsch markierte Verspätungen korrigieren.
• Löschung („Recht auf Vergessenwerden“) – Artikel 17: Veraltete Straf-Flags entfernen, die deinen Score noch belasten.
• Einschränkung der Verarbeitung – Artikel 18: Eine strittige Deaktivierung pausieren, während sie untersucht wird.
• Erklärung automatisierter Entscheidungen – Artikel 22 + 15 (1)(h): Eine strittige Deaktivierung pausieren, während sie untersucht wird.
5.Wenn die Plattform sich weigert oder mauert
Formelle Erinnerung mit Hinweis auf die versäumte Frist.Gewerkschaftliche / juristische Unterstützung suchen — Sammelbeschwerden haben mehr Gewicht und einige Gewerkschaften haben bereits Musterverfahren.An die DSB eskalieren — die meisten bieten ein Online-Formular; Korrespondenz anhängen.Öffentlicher Druck — Berichterstattung in Medien oder Social Media beschleunigt die Compliance oft.
Unterm Strich:
Die Datenschutz-Grundverordnung ist kein unnötiger Papierkram, sondern ein Hebel. Verwende die Vorlagen, verfolgen die Fristen und zögere nicht, die Situation zu eskalieren – denn jede erfolgreiche Anfrage ist ein Schlag gegen die Blackbox des Algorithmus.
10 schnelle Schritte
DOWNLOAD TEMPLATE:
1. Die richtige Vorlage herunterladen
Hol dir die Kombinierte Auskunfts- + Datenübertragbarkeitsanfrage (SAR + DPR) aus unserer Vorlage oben. Sie enthält bereits die komplette DSGVO-Formulierung, die du brauchst.
2. Deine Angaben ausfüllen
Name: [Name eintragen]
Adresse: [Wohnanschrift eintragen]
Telefonnummer: [Handynummer, mit der du dich bei der Plattform registriert hast]
E-Mail-Adresse: [E-Mail-Adresse, mit der du dich bei der Plattform registriert hast]
Tipp: Lass die juristischen Absätze unverändert – trag deine persönlichen Daten nur in die markierten Felder ein.
3. Unternehmen auswählen
Wähle → [arbeite als Rider / habe als Rider gearbeitet bei] [Foodora / Lieferando / Wolt], z. B. „arbeite als Rider bei Foodora“.
Lösche den Rest.
4. Kontakt der Plattform finden
Öffne in der App Einstellungen → Rechtliches → Datenschutz oder sieh in unserer Kontaktliste nach.
Suche nach der E-Mail des Data Protection Officer (DPO) oder dem Online-Datenschutzformular.
Kontaktliste:
Die Anfragen an Foodora müssen datenschutz@foodora.at geschickt werden, die an Wolt an privacy@wolt.com.
Bei Lieferando muss der Antrag auf dieser Website (link – Rechts oben im Bild lässt sich die Sprache ändern) gestellt werden. Wähle dafür die Optionen „Fahrer/Courier“, „Fahrer bei Just Eat Takeaway.com/Just Eat Takeaway.com Courier“ und „Datenzugriff/Data Access“. Trage danach deine persönlichen Daten (Name, E-Mail-Adresse) in die vorgesehen Felder ein. Zuletzt kopierst du den Antragstext in das unterste Feld und klickst auf „Anfrage absenden“.
5. Anfrage versenden
E-Mail: Vorlage als PDF anhängen oder in die Nachricht einfügen.
Webformular: Textkörper in das Feld „Sonstiges“ oder „Datenschutz“ kopieren.
Füge ggf. einen Screenshot deines Rider-Profils als ID-Nachweis bei.
6. Beweise sichern
Mach einen Screenshot der gesendeten E-Mail oder der „Danke“-Seite. Notiere das Einreichungsdatum – ab dann läuft die Uhr.
7. Warten (bis zu 30 Tage)
Die DSGVO gibt der Plattform einen Monat Zeit zu antworten. Fordert sie eine ID-Prüfung, schick sie zügig; der Countdown pausiert, bis du reagierst.
8. Höflich nachhaken
Keine Antwort nach 30 Tagen? Schick eine kurze Erinnerung mit Verweis auf die „DSGVO-Frist Art. 12 (3)“. Kommt auch nach weiteren 14 Tagen nichts, …
9. Eskalieren
… leite alles an deine nationale Datenschutzbehörde und den Rechtsdienst deiner Gewerkschaft weiter.
10. Dateien erhalten & sichern
Du erhältst einen Link oder eine E-Mail mit Anhängen.
Verschiebe sie in einen sicheren Ordner auf deinem Computer.
Teile die Rohdateien nicht in öffentlichen Chats – sie enthalten Identifikatoren.




Brauchst du Hilfe beim Auswerten
deiner Daten?:
Du hast deine Datei erhalten und jetzt liegen vor dir lauter CSV-Tabellen, JSON-Dateien und seltsame Spaltennamen?
Keine Sorge – du musst das nicht alleine entschlüsseln.
Schreib uns an riderscollective@oegb.at mit dem Betreff „DATA HELP – [Plattform] – [Stadt]“. Innerhalb weniger Tage melden wir uns und helfen dir weiter.
🛠 Selber tüfteln mit KI
Lade ausgewählte CSVs in Tools wie ChatGPT oder Gemini (Google).
Die KI kann:
- Schnell Diagramme erzeugen
- Unklare Spaltennamen erklären
- Formeln für Excel/Google Sheets vorschlagen
Tipp: Persönliche Daten (Name, Telefon, genaue Adressen,...) vorher entfernen!
Du muss auch überprüfen ob die Ergebnisse der KI stimme!
Du kannst eine Menge aus deinen Daten lernen.
Die unten dargestellte Diagramme sind Beispiele und beruhen auf den Daten (wurden zu Demonstrationszwecken angepasst) eines einzelnen Lieferfahrers. Sie dienen lediglich der Veranschaulichung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Allgemeingültigkeit. Alle Angaben sind ohne Gewähr; deine eigenen Ergebnisse können – je nach Region, Arbeitsweise und Zeitraum – deutlich abweichen. Betrachte die Auswertungen daher als Inspiration und gutes Praxisbeispiel, nicht als verbindliche Prognose.